Kompetenzorientierung

Um Studierende auf eine anspruchsvolle und dynamische Arbeitswelt vorzubereiten und ihnen eine verantwortungsvolle gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, reicht es nicht aus, lediglich Fachwissen bei ihnen anzureichern. Vielmehr müssen die Bildungsangebote umfassender gestaltet sein und die gesamte Kompetenz in den Blick nehmen. Kompetenzen beinhalten zwar Fachwissen, gehen aber weit darüber hinaus und umfassen auch Komponenten wie (insbesondere kognitive, metakognitive, emotionale und soziale) Fertigkeiten, Fähigkeiten, Motivationen, Bereitschaften, Einstellungen und Werte, die dazu eingesetzt werden, um bestimmte Probleme zu lösen oder zumindest zu bearbeiten (z. B. Weinert, 2014).

Gerade für den universitären Bildungsbereich kommen spezifische Aspekte hinzu wie Reflexivität (bzgl. des eigenen Handelns und der eigenen Kompetenzen), Erkenntnisbasierung (systematisches, methodenkritisches, theorie- und erkenntnisgeleitetes Vorgehen), disziplinäre Organisation (Orientierung an Perspektiven und Paradigmen bestimmter Fachdiziplinen), Neuartigkeit und Komplexität (Studierende sollen darauf vorbereitet werden, mit neuartigen und komplexen Situationen adäquat umzugehen) und Tätigkeitsfeldbezug (keine Vorbereitung auf einen konkreten Beruf, sondern Sicherstellung einer flexiblen Beschäftigungsfähigkeit in einem weiteren Tätigkeitsfeld) (Schaper, 2012).

Kompetenzen sind dabei als Konstrukte zu verstehen, die sich nicht direkt beobachten oder messen lassen. Sie lassen sich aber an beobachtbarem Verhalten ablesen. Vereinfacht ausgedrückt: Man muss etwas nicht nur wissen, sondern auch können und wollen, und man muss es auch in die Tat umsetzen können.

Kompetenzorientierte Lehre geht im Vergleich zu einer ausschließlichen Fachwissensvermittlung mit einem anderen Rollenverständnis in Lehr-Lernbeziehungen einher. Lehrende sind nicht die Hüterinnen und Hüter vermeintlich geheimen Fachwissens, das sie mit den Studierenden teilen. Vielmehr besteht ihre Aufgabe darin, geeignete Lehr- und Lernarrangements zu gestalten, in denen die Studierenden ihre Kompetenzen weiterentwickeln, und geeignete Prüfungsformate zu finden, die es den Studierenden erlauben, den Erwerb dieser Kompetenzen nachzuweisen. Ausgangspunkt für diese Gestaltungsaufgabe ist idealerweise eine ebenfalls bereits kompetenzorientierte Formulierung von Lernzielen in den Modulbeschreibungen, die insbesondere nicht beschreiben, welche Inhalte behandelt werden, sondern was die Studierenden nach Absolvieren des jeweiligen Moduls können sollen.

Die Freiheit, aber auch die Verantwortung einer Lehrperson, den Ausschnitt des Fachwissens zu definieren, in dessen Rahmen oder auf dessen Basis diese Kompetenzentwicklung stattfinden soll, bleibt von diesem Perspektivwechsel unberührt.

Literatur:

Schaper, N. (2012). Fachgutachten zur Kompetenzorientierung in Studium und Lehre. Bonn: HRK.
https://www.hrk-nexus.de/fileadmin/redaktion/hrk-nexus/07-Downloads/07-02-Publikationen/fachgutachten_kompetenzorientierung.pdf (letzter Aufruf: 22.4.2020)

Weinert, F. (2014). Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In F. Weinert (Hrsg.), Leistungsmessungen in Schulen (3. Aufl.). Weinheim, Basel: Beltz.